Die Sozialdemokratische Partei Bümpliz/Bethlehem (SPBB) hat die öffentliche Auflage zur Überbauungsordnung Weyermannshaus West mit Plan Nr. 1470/1 I vom 13.09.2024 gründlich studiert. Als politische Partei nimmt die SPBB nun die Gelegenheit wahr, eine allgemeine Stellungnahme abzugeben, um unsere Position und Perspektiven zu diesem wichtigen städtebaulichen Vorhaben darzulegen.
Die SPBB erachtet die Planung der Arealentwicklung Untermatt-Ost (Weyermannshaus West) als eine bedeutende städtebauliche Entwicklung, die nicht nur die Lebensqualität der Bewohner:innen verbessern kann, sondern auch zur nachhaltigen und zukunftsorientierten Gestaltung unseres Stadtteils beiträgt. Es wird ausdrücklich begrüsst, dass ein dichtes, urbanes, nutzungsdurchmischtes Stadtquartier mit hohem Wohnanteil geplant ist, das in Etappen realisiert wird. Die sorgfältige Berücksichtigung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Aspekte in diesem Projekt ist von zentraler Bedeutung, um eine lebenswerte und attraktive Umgebung zu schaffen, die den Bedürfnissen aller Generationen gerecht wird.
Städtebau und Architektur
Wir erachten die Planung als quartierverträglich und gelungen. Die architektonische Gestaltung mit ihrer hohen Bauweise und den unterschiedlichen Bauhöhen, die harmonisch auf dem Areal verteilt sind, wirkt äusserst gelungen. Besonders hervorzuheben ist die geplante Verdichtung in die Höhe, die nicht nur den urbanen Charakter des Quartiers stärkt, sondern auch eine effiziente Nutzung der vorhandenen Flächen ermöglicht. Das hier angewandte Konzept ist ein vorbildliches Beispiel für städtische Entwicklung, die sowohl ästhetische als auch funktionale Aspekte berücksichtigt. Der Planung gelingt es, die Balance zwischen urbaner Dichte und Lebensqualität zu wahren und schafft so ein lebenswertes Stadtquartier.
Die SPBB begrüsst den Einsatz des «Atelier Weyer West» zur Qualitätssicherung bei der langfristigen Realisierung der Planung. Entscheidend ist, wer in diesem Gremium beteiligt ist, und wir erwarten eine diverse Zusammensetzung, die nicht nur die Eigentümerschaft und Fachleute aus Architektur umfasst, sondern auch Personen aus der Gemeinwesenarbeit und anderen relevanten Bereichen. Zudem ist es unerlässlich, dass das bestehende Quartier Untermatt aktiv eingebunden wird.
Bezahlbarer Wohnraum
Bezahlbarer Wohnraum ist von grosser Bedeutung, da er die Grundlage für soziale Stabilität, Chancengleichheit und ein nachhaltiges städtisches Wachstum bildet. Er ermöglicht es Menschen aus unterschiedlichen Einkommensschichten, in der Stadt zu leben, zu arbeiten und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Dies fördert eine diverse und integrative Gemeinschaft, in der soziale Spannungen reduziert werden und wirtschaftliche Aktivitäten florieren können. In der Stadt Bern besteht jedoch weiterhin ein grosser Mangel an langfristig bezahlbarem Wohnraum. Die hohe Nachfrage nach Wohnraum, die steigenden Immobilienpreise und die begrenzte Verfügbarkeit von Baugrundstücken tragen zu dieser Herausforderung bei.
Die Antwort «Das Areal Weyermannshaus West soll bezüglich preisgünstigen Wohnraums gleich wie andere Arealentwicklungen behandelt werden.» im Mitwirkungsbericht zur Forderung von «mindestens 50% preisgünstige Wohnungen» ist sehr dürftig und ungenügend. Wir können den Anteil von einem Drittel preisgünstiger Wohnungen für private Eigentümerschaften, auch für öffentlich-rechtliche Gesellschaften wie DiePost (Post Immobilien Bern), akzeptieren. Doch die Burgergemeinde Bern als spezielle Körperschaft hat eine besondere soziale Verpflichtung und sollte sich über die minimalen Anforderungen hinaus bemühen und Verantwortung übernehmen, um die dringend benötigten preisgünstigen Wohnungen zur Verfügung zu stellen.
Im Hinblick auf ihre soziale Verantwortung fordert die SPBB, dass sich die Burgergemeinde Bern an die städtische Wohnstrategie richtet und sicherstellt, dass alle Wohnungen zu Kostenmieten angeboten werden. Zudem sollen Baurechte ausschliesslich an gemeinnützige Wohnbauträgerschaften vergeben werden. Unter gemeinnützig verstehen wir Bauträgerschaften, die die entsprechenden Vorgaben des Bundesamts für Wohnungswesen erfüllen und die Gemeinnützigkeit in ihren rechtlichen Grundlagen verankert haben.
Nutzungsmix: Gewerbe und Industrie
Es freut uns sehr, dass unsere Bedenken hinsichtlich des produzierenden Gewerbes Gehör gefunden haben und ein klares Bekenntnis zum Erhalt besteht: «Bestehende Betriebe haben Bestandesgarantie und die Baurechte bleiben erhalten. (…) Das Gewerbe wird erhalten bzw. neues Gewerbe kann sich ansiedeln. Das Areal der GMB-Halle bleibt industrieller Nutzung vorbehalten und soll für produzierendes Gewerbe in einer ‚lärmdichten‘ Gebäudehülle zur Verfügung stehen.»
Jedoch bleibt die Frage offen, wie diese Zusicherungen gewährleistet werden sollen, wenn die Nutzungsvorgaben in der UeO nicht klar definiert sind und weitere spezifizierte Vorgaben fehlen. Eine klare und detaillierte Festlegung ist entscheidend, um die vielfältigen Bedürfnisse der ansässigen Betriebe zu berücksichtigen und gleichzeitig Raum für neue Gewerbe zu schaffen, die den städtischen Arbeitsmarkt und die Dienstleistungen beleben und stärken werden.
Um sicherzustellen, dass die industrielle Nutzung und das produzierende Gewerbe langfristig gesichert sind, erwartet die SPBB, dass die Überlegungen und Festlegungen im Masterplan vom 03.03.2022 von der Eigentümerschaft umgesetzt wird.
Infrastruktur und Schulraumplanung
Den Optimismus, dass das Schulareal Stöckacker für den umliegenden Grossraum mit all seinen Arealentwicklungen (Meienegg, ewb/bls-Areal etc.) genügend Schulraum bietet, teilen wir aus Erfahrung nicht. Die Antwort im Mitwirkungsbericht «Die Realisierung einer Doppelbasisstufe nach Bedarf im Areal Weyermannshaus West wird als Option sichergestellt.» erachten wir nur als teilweise zufriedenstellend. Es fehlen detaillierte Informationen darüber, wo diese Option räumlich realisiert werden soll, da in der UeO keine Zone für öffentliche Nutzung notwendig scheint. Zudem ist unklar, wie eine solche Mietlösung zeitnah umgesetzt werden kann und welche Konditionen dabei gelten.
Die SPBB erwartet eine umfassende und transparente Information seitens der Schulbehörden sowie eine proaktive Planung, die von Beginn an sicherstellt, dass beim Bezug neuer Bewohner:innen der Schulraum der Basisstufe für das gesamte Untermattquartier bereitsteht.
Mobilität und Autoabstellplätze
Die Antwort «Die Planungseckwerte wurden mit den Grundeigentümerinnen Jahre früher als die Klimastrategie des Gemeinderats vereinbart.» im Mitwirkungsbericht zur Forderung «0 bis 0.2 Abstellplätze pro Wohneinheit» kann nicht akzeptiert werden, insbesondere nicht für ein Areal, das so gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen ist. Der Wert von 0.35 Autoabstellplätze pro Wohneinheit könnte für kleine Areale und private Eigentümerschaften akzeptiert werden (wie z.B. beim Areal Gangloff). Von speziellen Körperschaften wie die Burgergemeinde Bern und öffentlich-rechtlichen Gesellschaften wie DiePost (Post Immobilien Bern) erwarten wir jedoch zusätzliche Anstrengungen und eine Vorbildfunktion.
Die SPBB erwarten, dass die heute gültige Praxis in der Stadt Bern mit der Bandbreite von 0 bis 0.2 Abstellplätze für Autos pro Wohneinheit zur Anwendung kommt. Eine Übernahme der Bestimmungen der Überbauungsordnung Bethlehemstrasse – Stöckackerstrasse (Meienegg) mit Plan Nr. 1486/1 (I bis III) vom 02.09.2024 mit 0.2 Abstellplätzen pro Wohneinheit und einer separaten Berücksichtigung von 0.1 Parkplätzen für Firmen- und Gewerbefahrzeuge, wie beispielsweise für Handwerker:innen, welche wir für richtig erachten, kann eine Lösung sein.
Begegnungsorte, Umgebung und Aussenräume
Es ist äusserst erfreulich, dass unsere Mitwirkung gewürdigt wurde und zusätzliche Aufenthaltsbereiche und Kinderspielplätze geschaffen wurden. Die Einrichtung von einladenden Aufenthaltsbereichen und sicheren Spielplätzen für Kinder fördert die Gemeinschaft und steigert das Wohlbefinden der Bewohner:innen erheblich. Diese Massnahmen tragen nicht nur zur Schaffung eines angenehmen Wohnumfelds bei, sondern stärken auch das soziale Miteinander und unterstützen die Entwicklung der Kinder in einer sicheren und anregenden Umgebung. Angesichts der Grösse dieser Überbauung ist die geplante Allmend von zentraler Bedeutung, da sie dringend benötigten offenen Raum und Erholungsmöglichkeiten bietet, die für die Lebensqualität unerlässlich sind.
Dennoch fehlt es an Überlegungen zur Gemeinwesenarbeit und an Freiräumen für Jugendliche. Eine umfassende Planung muss diese Aspekte berücksichtigen, um den Bedürfnissen aller Altersgruppen gerecht zu werden und das soziale Gefüge des gesamten Untermatt-Quartiers zu stärken.
Biodiversitäts- und Entwässerungskonzept
Die Offenlegung des Stadtbaches ist äußerst erfreulich, und wir erwarten, dass dort ambitioniert geplant wird, um ihn naturnah zu gestalten. Angesichts der ökologischen Herausforderungen ist es wichtig, ambitionierte Ziele zu setzen, um die Biodiversität zu fördern und nachhaltige Lebensräume zu schaffen. Die Vorgaben, insbesondere die Schaffung von mindestens 15 % naturnaher Lebensräume, sind jedoch nicht wirklich ambitioniert und enttäuschend.
Die Vorgaben zum Entwässerungskonzept und Regenwassermanagement betrachten wir als angemessen und zufriedenstellend. Diese Massnahmen sind essentiell, um eine umweltgerechte und zukunftsorientierte Stadtentwicklung sicherzustellen. Dennoch wäre es wünschenswert, dass ein stärkeres Augenmerk auf ambitionierte ökologische Massnahmen gelegt wird, um die Lebensqualität und die Umwelt für kommende Generationen zu sichern.
Es fehlen Vorgaben zur verdunstungsfähige Retentionsvolumen, welche in gestalterisch ansprechender Form (z.B. Teiche, Brunnen) in die Aussenraumgestaltung integriert werden sollen. Wir fordern die Übernahme des Artikel 10, Absatz 2 der «Überbauungsordnung Riedbachstrasse 8, 9, 10 und 12» vom 03.06.2022. Auch hier erwarten wir, dass diese Überlegungen künftig in allen Planungen berücksichtigt wird.